Umweltbundesamt: Ausführliche Stellungnahme

Im August 2011 wurde vom Umweltbundesamt der Entwurf „Einschätzung der Schiefergasförderung in Deutschland“ veröffentlicht.

Hierbei zeigt sich, dass fast alle Bedenken der Gegner der Gasbohrungen letztendlich sogar vom Umweltbundesamt bestätigt wurden.

Quelle: http://www.umweltbundesamt.de/chemikalien/publikationen/stellungnahme_fracking.pdf

Nachfolgend nur einige wenige Zitate aus der 22-seitigen Stellungnahme.

Angebotsüberhänge bestehen vor Allem in Erdölförderregionen der ehemaligen Sowjetunion, des Nahen/Mittleren Ostens und in Afrika, in denen Erdgas als Begleitprodukt der Erdölförderung anfällt und nicht über ein adäquates Transportnetz zum Verbraucher gebracht werden kann. So werden weltweit ca. 150 Mrd. m3 Erdgas abgefackelt1.

Theoretische Betrachtungen von Howarth9 (2010) weisen darauf hin, dass bereits bei einer Leckage von 1,5 Prozent Methan (bezogen auf die Fördermenge Erdgas) 14,8 Gramm pro Megajoule (C/MJ), entsprechend 195 g CO2eq/KWh, freiwerden. Diese reichen aus, Erdgas klimaschädlicher als Erdöl zu machen und, abhängig von den THG-Emissionen der Kohleförderung, bereits in die Nähe von Steinkohle rücken zu lassen.

Umweltbeeinträchtigungen sind in allen Phasen dieser Fördertechnologie denkbar. Bereits bei der Vorbereitungsphase kommt es durch die Errichtung der notwendigen Infrastruktur zu Lärm- und Luftemissionen, die in Regionen mit hoher Besiedlungsdichte erhebliche Störungen verursachen können. Der Flächenverbrauch bei der Schiefergasgewinnung ist groß. Trotz hoher Sicherheitsstandards und modernster Bohrtechnik können Umweltbeeinträchtigungen während der Bohrungsphase und des Einbringens der wässrigen Flüssigkeit sowie während des Betriebs nicht ausgeschlossen werden.

Besorgnisse und Unsicherheiten über die Umwelterheblichkeit des Eingriffs bestehen hier besonders wegen des hohen Wasserbedarfs sowie wegen des Einsatzes von Chemikalien als Additive beim Fracking. Risiken für das Grundwasser bestehen durch die Lagerung wassergefährdender Chemikalien, durch die Bohrung selbst, durch die Erzeugung von Wegsamkeiten im Untergrund (Gebirge) und – letztendlich ebenso für Böden und Oberflächengewässer – bei der Entsorgung der Fracking-Fluide und des zu Tage geförderten Lagerstättenwassers.

Das Tyndall Centre for Climate Change der University of Manchester unterzog 260 beim Fracking verwendete Substanzen einer Analyse. Das im Januar veröffentlichte Gutachten legt nahe, dass 58 der 260 Substanzen eine oder mehrere Eigenschaften haben, die Anlass zur Besorgnis geben. Im Folgenden ein Überblick aus dem Gutachten21:

• 17 Substanzen sind klassifiziert als toxisch für aquatische Organismen,

• 38 Substanzen als toxisch für die menschliche Gesundheit,

• 8 Substanzen als karzinogen,

• 6 Substanzen als vermutlich karzinogen,

• 7 Substanzen als mutagen und

• 5 Substanzen haben Effekte auf die Reproduktivität.

Potentielle Kontaminationspfade entstehen bereits beim Bohren und dem Ausbau der Bohrung. Mittels einer zementierten Hinterfüllung (casing) werden Bohrungen im Bereich Grundwasser führender Schichten abgedichtet. Aufgrund des hohen Drucks beim Fracking besteht die Gefahr, dass die Hinterfüllung diesem Druck nicht standhält. Sowohl eine Verbindung unterschiedlicher Grundwasserleiter als auch ein Eindringen des mit Chemikalien vermischten Frack-Wassers, von hochmineralisiertem Lagerstättenwasser und letztendlich von Erdgas in das Grundwasser sind dann möglich.

Auch andere, bereits bestehende Bohrungen (nicht vollständig niedergebrachte Bohrungen, alte oder aufgegebene Bohrungen) erhöhen die Gefahr einer Verunreinigung von oberflächen-nahem Grundwasser, Heilquellen und Thermalwässern durch Fracturing Fluide, Lager-stättenwasser und Erdgas.

Das Risiko einer Grundwasserverunreinigung aufgrund von Konstruktions- und Betriebsfehlern bis hin zum vollständigen Versagen der Bohrung ist laut Tyndall Studie als erheblich einzu-schätzen24 .

Allerdings ist seit der WHG-Novelle 2009 auch das Einbringen von Stoffen erlaubnispflichtig. Wenn also bei der Bohrung die Bohrungsfassung, die zementiert werden muss, durch einen Grundwasserkörper führt, was regelmäßig der Fall sein wird, ist dafür eine Erlaubnis notwendig, da von den eingebrachten Baustoffen ein Risiko für das Grundwasser ausgeht. Nach § 48 Absatz 1 WHG darf diese Erlaubnis nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist.

Auf Grund der erheblichen Umweltfolgen, die die Gewinnung von unkonventionellem Erdgas in Deutschland verursachen kann, ist davon auszugehen, dass eine UVP – oder eine Pflicht zur Vorprüfung im Einzelfall – europarechtlich geboten ist.

Zum Schutz von Mensch und Umwelt, insbesondere zum Schutz des Grundwassers sind an jede Aufsuchung und Gewinnung von unkonventionellem Erdgas folgende Mindestanforderungen zu stellen:

• Kein Fracking in sensiblen Gebieten (z.B. Trinkwassergewinnungsgebiete, Heilquellen, Mineralwasservorkommen)

• Obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung (für jede einzelne Bohrung sowie das ge-samte Gasgewinnungsfeld)

• Grundsätzlich Beteiligung der zuständigen Wasserbehörden zur Bewertung der Auswir-kungen auf Grund- und Oberflächengewässer

• Vollständige Offenlegung der verwendeten Additive und der exakten Zusammensetzung der Fracturing Fluide für jeden einzelnen Frac

• Fachgerechte Aufbereitung und ordnungsgemäße Entsorgung des Flowbacks (zurückge-fördertes Frac- und Lagerstättenwasser) und Nachweis über die ordnungsgemäße Ent-sorgung in einem Kataster

• Erstellung eines Notfallplans und Störfallvorsorge

Um all diese Aspekte im Rahmen eines umfassenden Verfahrens seriös prüfen zu und eine breite Behörden- und Bürgerbeteiligung sicherstellen zu können, ist als erster Schritt eine Änderung/Anpassung der „UVP-Verordnung Bergbau“ aus Sicht des Umweltschutzes dringend erforderlich, was zur Folge hätte, dass für künftige Gasschieferexplorationen ein Planfeststellungs-verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müsste.

 

 

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