Das Fragen und Antwortspiel auf der Seite http://www.erdgassuche-in-deutschland.de hatte ich bereits beschrieben. Eine weitere Antwort gefällt mir nicht:
Wie wird die Gefahr durch bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas an die Oberfläche gelangenden radioaktiven Stoffen bewertet?
Antwort Exxon: Im Zusammenhang mit der Produktion von Erdgas können Rückstände anfallen, die natürliche schwach radioaktive Stoffe enthalten. Die natürlichen radioaktiven Stoffe sind fest in das Kristallgitter der ausfallenden Mineralien und somit in einer mineralischen Matrix fest eingebunden, die unter Druck- und Temperaturbedingungen außerhalb der Lagerstätte kaum mehr löslich ist und daher ausfällt. Die Strahlendosis beim Umgang und Transport der Stoffe ist vergleichbar mit der eines Atlantikflugs. Von der Strahlungsdosis geht keine Gefährdung für die Bevölkerung aus. Die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung werden eingehalten bzw. deutlich unterschritten. Alle anfallenden radioaktiven Stoffe werden nach entsprechender Genehmigung und unter Aufsicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde ausschließlich über zugelassene Entsorgungswege gemäß den gesetzlichen Bestimmungen entsorgt. Nähere Informationen finden Sie auf der Webseite des WEG.
Hierzu möchte ich folgende Anmerkungen machen
- Die Darstellung ist verharmlosend, extrem vereinfachend und in großen Teilen falsch.
- Die Behauptung, dass die TENORM-Stoffe ausschließlich in mineralischer Form auftreten und deshalb ungefährlich seien, ist in doppelter Hinsicht falsch. Zum einen treten diese Stoffe außer in mineralischen Ablagerungen auch in Schlämmen sowie in Flüssigkeiten, vielleicht auch im Lagerstätten-/Produktionswasser auf. Aber auch die Ablagerungen, in denen das Radium226 in mineralisierter Form enthalten ist, können hochgefährlich sein, nämlich dann, wenn diese durch Bearbeitung oder Unfälle aus den Rohren heraus kommen und vom Menschen aufgenommen/eingeatmet werden.
- Das Hauptproblem der TENORM-Stoffe ist nicht ihre Strahlungsintensität, sondern ihre Radiotoxizität! Radium 226 ist einer der giftigsten Stoffe auf Erden! Nicht umsonst gibt es in den USA Grenzwerte von 0,18 Bequerell pro Liter für Trinkwasser und 2,2 bq/L für Abwasser! Das Frac-Wasser im Marcellus-Shale war teilweise bis zu 600 bq/L belastet! Ra 226 hat eine Halbwertzeit von 1600 Jahren!
- Die Einhaltung der Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung besagt nichts über die tatsächlichen Gesundheitsgefahren! Nicht zuletzt deshalb, weil die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung für NORM bzw. TENORM-Stoffe 100 mal höher sind als die für radioaktive Stoffe aus Kernkraftwerken!
- Eine Kontrolle durch die zuständigen Aufsichtsbehörden (wer ist das überhaupt?) findet faktisch nicht statt! Denn die Unternehmen sind laut Information der Bundesregierung erst ab einer Menge von 2000 Tonnen pro Unternehmen(!) verpflichtet, die radioaktiven Abfälle zu melden! Ansonsten findet die Erfassung und Entsorgung der Abfälle in Eigenregie der Unternehmen statt.
- Zu dem Argument die Rückstände seien natürlich und kämen überall im Boden vor:Radium 226 ist im Durchschnitt im Boden in einer Konzentration von 0,016 bq/g vorhanden, bei den Ablagerungen sind es im Durchschnitt (laut Exxon) 88 bq/g!
Zu diesem Thema noch ein paar Nachfragen an Exxon!
- Warum hat die Öl- und Gasindustrie die Existenz der radioaktiven Rückstände bis zu den Veröffentlichungen des WDR vor der Öffentlichkeit verheimlicht?
- Wird das Lagerstättenwasser regelmäßig auf Ra226-Gehalt geprüft?
- Was passiert bei Unfällen (mit Tanklastern oder Pipelines)?
- Wer überwacht die Konzentration von radioaktiven Abfälle in Abwasser und Anlageteilen?
- Welche Altlasten von radioaktiven Rückständen aus der Öl- und Gasindustrie gibt es?
- Sind Exxon die Berichte und Untersuchungen aus den USA über hohe Konzentrationen von Radium 226 im Frac-Abwasser bekannt?
- Ist Exxon dafür, dass die Ra226-Grenzwerte aus den USA auch in Deutschland/EU eingeführt werden?