Im Zusammenhang mit der Ausschussunterrichtung am Montag über die Praxis von Erdgasbohrungen in Niedersachsen spricht der Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Stefan Wenzel von einer „Risikotechnologie für Natur und Umwelt“. Der Grünen-Politiker zeigte sich „bestürzt“ über fehlende Kenntnisse der zuständigen Behörden über die Folgen des Chemieeinsatzes beim sogenannten Fracing-Verfahren. „Hier hat sich unterirdisch über Jahrzehnte unter dem Deckmantel des Bergrechts eine Technologie-Parallelwelt entwickelt, deren bedrohliche Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht nur schwer absehbar sind“, sagte Wenzel. Es zeige sich erneut, dass die Bestimmungen des Bergrechts für den Abbau von Erdöl und Erdgas ungeeignet seien. Das Bergrecht ziele historisch auf den Arbeitsschutz der Bergleute, aber nicht auf Umweltschutz und Bürgerbeteiligung. Der Grünen-Politiker forderte eine „umgehende Korrektur der genehmigungsrechtlichen Vorschriften.“ Wenzel wies darauf hin, dass das Fracing-Verfahren seit den siebziger Jahren eingesetzt werde, um in großer Tiefe mit hohem Wasserdruck und unter Zugabe von zum Teil gefährlichen Chemikalien Gesteinsformationen aufzubrechen und Erdgas herauszulösen. Nach dem Bekanntwerden der Vorgänge um das Atomlager Asse und den Salzstock Gorleben würden jetzt auch bei der Erdgasförderung neue Risiken für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen in Niedersachsen deutlich. In den Genehmigungsverfahren nach Bergrecht würden die Risiken durch den Einsatz großer Mengen wassergefährdender Chemikalien nicht berücksichtigt, die Auswirkungen auf die Umwelt würden nicht geprüft und die Öffentlichkeit werde nicht beteiligt. „Es ist kaum zu glauben, dass auch die Wasserverbände ihre Informationen der Zeitung entnehmen mussten“, sagte Wenzel. Der Grünen-Politiker forderte eine Aussetzung der Bohrungen bis insbesondere auch die Auswertung der amerikanischen Umweltbehörde vorliege, die derzeit im Auftrag des US-Kongresses erarbeitet werde.
Auch DIE LINKE im Niedersächsischen Landtag fordert, die Suche nach unkonventionellen Erdgasvorkommen durch Einleitung von Chemikalien in den Untergrund, also das sogenannte „Fracking“-Verfahren, umgehend zu stoppen. Der umweltpolitische Sprecher der Linksfraktion, Kurt Herzog: „Das Land will einmal mehr fragwürdige Eingriffe in den Untergrund zulassen, ohne die Bevölkerung zu beteiligen. Das Niedersächsische Landesbergbauamt hat stillschweigend Genehmigungen ausgesprochen – und das, obwohl es in den USA bereits massive Kritik an dieser Technik gab und der Staat New York es sogar verboten hat.“ Offenbar habe sich in Deutschland bisher keine Behörde mit den möglichen Umweltschäden und Gefahren befasst, die von den eingesetzten Chemikalien ausgehen können. „Das Umweltbundesamt hat jetzt eine Kommission eingesetzt, die das aufklären soll. Dieses Ergebnis ist auf jeden Fall abzuwarten“, so Herzog. Außerdem müssten wegen der zum Teil krebserregenden Zusatzstoffe die örtlichen Wasserversorger einbezogen und die Bevölkerung in öffentlichen Veranstaltungen informiert werden. „Das Totschlagargument ‚Betriebsgeheimnis‘ darf nicht gelten. Die Anwohner haben ein Recht auf umfassende Aufklärung, und zwar bevor das Bergamt eine Genehmigung erteilt hat und nicht nur von Vertretern der bohrenden Firmen.“ Herzog forderte: „Die Beweislast muss umgekehrt werden – nicht die Bürger müssen die Schädlichkeit der Technik beweisen, sondern die Firmen ihre Unschädlichkeit.“