Offener Brief an die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Frau Svenja Schulze
„Nationale Wasserstrategie“, Prioritätenliste
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
aus öffentlichen Berichten haben wir entnommen, dass Sie in Anbetracht des sich immer deutlicher abzeichnenden Klimawandels und der hierdurch gefährdeten Wasserversorgung infolge zu geringer Niederschläge, eine „Nationale Wasserstrategie“ planen. Der niedersächsische Umweltminister Lies hat die drohende Wasserknappheit ebenfalls öffentlich angesprochen.
Gutachten haben schon vor längerer Zeit davor gewarnt, den sehr hohen Nutzungsgrad unseres Grund- und Oberflächenwassers weiter zu intensivieren. Nachlassende Niederschläge und damit sinkende Grundwasserspiegel könnten schnell zu ernsten Problemen führen.Schon jetzt müssen Landwirte ihre Felder beregnen, und Wasserwerke machen sich Gedanken über die Zuteilung von beantragten Wassermengen.Medien schreiben über Befüllen von Schwimmbecken oder Bewässerung von Gärten.
Wir, die Mitglieder von Gegen Gasbohren, sehen die extreme Gefahr für unser Wasser in der Technik des Frackings, der Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten, mit immensem Wasserverbrauch. Wir beobachten äußerst aufmerksam und mit einigem Misstrauen die Tätigkeit der Expertenkommission Fracking, gemäß § 13a Abs. 6 S. 1 WHG.
Mit wissenschaftlicher Begleitung könnenmaximal 4 Versuchsbohrungen (gemäß § 13a Abs. 2 WHG) unter Anwendung von Fracking in Schiefer-, Ton-, Mergel-, oder Kohleflözgestein unter deutschen Bedingungen durchgeführt werden. Bis dato sind uns keine Versuchsbohrungen bekannt geworden.
Unsere Befürchtung ist, dass am Ende dem Bundestag die Aufhebung des Frackingverbotes empfohlen wird und dann in Deutschland in unkonventionellen Lagerstätten gefrackt werden darf.Dies würde bedeuten, dass riesige Mengen sauberen Grundwassers bei den Frackvorgängen benutzt werden.
Überlegungen der Erdgasindustrie1 sehen z.B. für einen ca.12 x 10 km zu erschließenden Förderplatz 9-12 Cluster mit je 20 Bohrungen vor.Jede einzelne Bohrung im Schiefergestein wird mit ca. 20 000-30 000 m3 Frackfluid, das zu 95-98 % aus Wasser besteht, beaufschlagt. Für einen Cluster werden 600 000 bis 700 000 m3 Frischwasser benötigt und aufgrund der beigesetzten Chemikalien dauerhaft dem Wasserkreislauf entzogen.
Für einen 12 x 10 km großenFörderplatz mit den darauf geplanten 9-12 Clustern würden im Laufe der Förderung ca. 5 bis 7 Millionen m3 Wasser benötigt. Von ExxonMobil war geplant, nach und nach weit über 100 Förderplätze zu errichten.Ein großer Teil des Wassers, kontaminiert mit Lagerstättenwasser, das bei der Gasförderung zu Tage tritt, wird später wieder in die Erde verpresst, wo es eine Gefahr für das trinkbare Grundwasser darstellt.
Es ist längst bekannt, dass die Wässer nicht stationär verbleiben,sondern sich im Untergrund bewegen können, schlimmstenfalls bis in Bereiche der Trinkwasser-Gewinnungshorizonte. Auch Jahre nach Verschluss der Verpressbohrungen ist diese Gefahr noch gegeben. Tausende vergifteter Trinkwasserbrunnen und Millionen Methan emittierende, aufgegebene Öl- und Gasquellen in den USA legen davon Zeugnis ab.
Weitere Sorgen bereitet uns die Enhanced Oil Recovery (EOR) oder tertiäre Ölgewinnung zur Steigerung der Ölausbeute, die ebenfalls mit vielfältigen Gefahren für unser Wasser verbunden ist.
Fossile Energieträger heizen das Klima nachweislich auf und beschleunigen den sich abzeichnenden Wassermangel. Erdgas ist aufgrund seiner Vorkettenemissionen mindestens genauso klimaschädigend wie Kohle.
Zusätzlich bereiten uns die Absichten Sorge, mittels „Bohrlochbergbaus“durch Anwendung von Laugungsverfahren („Leaching“) Erze aus tiefen Schichten zu fördern. Auch dabei treten vielfältige Gefahren für unser Wasser auf.
Sehr geehrte Frau Bundesministerin, wir bitten Sie, bei der Erstellung der „Nationalen Wasserstrategie“ die Gefahren für unser Wasser durch Fracking bei der Erdgasförderung, dem E.O.R.-Verfahren und dem Leaching zu beachten und auszuschließen.
Wir sorgen uns um unser Trinkwasser.
2Zitat aus 2011, Bezreg Arnsberg: Das wasserrechtliche Verfahren ist insbesondere deshalb geboten, da nicht abstrakt ausgeschlossen werden kann, dass im Zusammenhang mit den Erkundungsbohrungen keine nachteiligen Auswirkungen auf der Grundwasserbeschaffenheit zu besorgen sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Marianne Juhre / Mitglied der IG Hamminkeln gegen Gasbohren/Niederrhein
Bürgerinitiative gegen Bohrungen im Süd-/Brookmerland
Arbeitskreis Fracking Braunschweiger Land
WUG Initiative Wittorfer Bürger für Umwelt und Gesundheit e.V.
IG Fracking-freies Artland e.V., Quakenbrück
Gemeinnütziger Umweltschutzverein pro grün e. V. Paderborn
BI für Gesundheit Hemslingen/Söhlingen
Abgefrackt Bündnis Weidener Becken gegen Fracking
„wir gegen fracking“ Lüneburg
IG Schönes Lünne
Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e.V.
NaLaKiZu Bürgerstark, Aichstetten
BI Unterelbe
BI Chiemgauer Seenplatte gegen Gasbohren
BI „Saubere Umwelt & Energie Altmark“
BI “No Fracking” im Erdgasfeld Völkersen
BI Intschede Wesermarsch ohne Bohrtürme
BI Flecken Langwedel gegen Gasbohren
BI Rote Hand Thedinghausen/Achim
BI Walle gegen GasBohren
BI Lintler Geest gegen Gasbohren
Berliner Wassertisch
NoFracking Bodensee-Oberschwaben
IGTL – Interessengemeinschaft gegen Gasbohren Tecklenburger Land
Frack-loses Gasbohren im Landkreis Rotenburg
BI Gemeinsam gegen Gas- und Probebohrungen am Niederrhein
BI LK Oldenburg
kein frack in wf
„Aktionsbündnis No Fracking Mülheim“
FEBiD e.V.
——————————
1https://www.erdgas-aus-deutschland.de/Erdgas/Im-Fokus/Flachenbedarf (21.8.2020)