Angeregt durch entsprechende Bemerkung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier während seiner Türkeireise Ende Oktober 2018, und durch einen Hinweis der SPD-Bundestagsabgeordneten Timon Gremmels, habe ich die umfangreiche Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD durchgesehen, die am 4. März 2018 veröffentlicht worden war.
Im Bereich „Energie“ steht auf Seite 73, nach vielen Seiten mit Absichtserklärungen bezüglich der Stärkung und Förderung regenerativer Energien, der folgende Satz: „Wir wollen Deutschland zum Standort für LNG-Infrastruktur machen“. Und zum Bereich „Schiffahrt/Seefahrt“ ist auf der Seite 82 zu lesen: „Auf nationaler Ebene wollen wir unsere technologieoffenen Initiativen zugunsten alternativer Antriebe und Energiequellen in der Schifffahrt und in den Häfen (LNG, Wasserstoff/Brennstoffzelle, Methanol, Elektromobilität) verstärken und verstetigen.
Im Hafenbereich gehören die Absenkung der EEG-Umlage und der Einsatz energieeffizienter Fahrzeuge dazu. Wir stellen flächendeckend Landstrom für die deutschen Häfen zur Verfügung. Wir setzen uns für eine europaweit einheitliche Nutzungspflicht ein. Der einheitlichen Rechtsanwendung und dem entsprechenden Genehmigungsmanagement beim Thema LNG kommt in den Häfen hohe Bedeutung zu“. (Ende Zitat)
Damit steht fest, dass Wirtschaftsminister Altmaier nur das ausgesprochen hat, was diese Regierungskoalition tatsächlich vor hat, nämlich den Aufbau von LNG-Infrastruktur in Deutschland und die planmäßige Versorgung der Seeschifffahrt mit LNG als Treibstoff in deutschen Häfen.
Dass dieses Vorhaben sich absolut gegen die Ziele des Pariser Klimaabkommens vom Dezember 2015 richtet und sogar zur verstärkten Erwärmung der Erdatmosphäre beiträgt, haben die Verhandler der Koalitionäre dabei offenbar völlig übersehen.
Denn bei dem als LNG-Gas für den Export nach Europa angedachten Erdgas handelt es sich weit überwiegend um das klimaschädlichste gefrackte US-Erdgas.
Wieder einmal wird deutlich, wie groß der Einfluss der Lobbyisten in Berlin und bei den einzelnen Fraktionen ist. Sie bewirkten mit der Summe ihrer Aktivitäten, dass die „Fachleute“ der Fraktionen die Entwicklungen ignorieren, über die von der Wissenschaft und vom IPCC-Pannel berichtet wurde. Dazu gehören auch die Untersuchungsergebnisse zu den Wirkungen des Methans in der Atmosphäre.
LNG wird als „Zwischenlösung“ zur Ablösung anderer fossiler Brennstoffe gesehen, obwohl es weitaus atmosphärenschädigender ist.
Die die Untersuchungen ergaben nämlich:
- konventionelles Erdgas ist etwa 1/3 schädlicher als Steinkohle
- gefracktes Erdgas ist wiederum 3-fach schädlicher als konventionelles
Seite 2 zum Themenbeitrag von VF für die GG-hp LNG-Infrastruktur in D 12.11.2018VF
- LNG benötigt hohe fossile Energiemengen zur Herstellung (zwischen 10 und 20%)
- LNG hat in der Gesamtstrecke bis zur Rückvergasung erhebliche Methanemissionen durch den Boil-Off des verdunstenden Methans zur Kühlhaltung.
- LNG ist generell klimatechnisch die allerschlechteste Lösung von allen.
Die Pläne der Regierung werden dazu führen, dass der Einsatz von gefracktem Erdgas, das als LNG nach Deutschland gebracht werden soll, deutlich den Erdgasverbrauch in Deutschland steigern wird, unabhängig davon, ob damit Betriebe der Petrochemie versorgt werden, oder ob es zur Strom- und/oder Wärmegewinnung verwendet wird.
Um die Ziele zur Abmilderung der Erderwärmung gemäß den Pariser Beschlüssen 2015 erreichen zu können, muss jedoch der Erdgaseinsatz frühestmöglich stark reduziert werden, damit Deutschland 2050 bei Null Erdgasverwendung und Null CO2-Emissionen angekommen sein wird. Ein Ausbau, wie er gemäß der Koalitionsvereinbarung geplant ist, muss unbedingt verhindert werden.
Es müssen unbedingt alle verfügbaren Energien darauf verwendet werden, den schnellstmöglichen Ausbau von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen und den Aufbau großer Speicher für elektrische Energien voran zu bringen und deren Effizienz zu steigern. Auch die Verwendung CO2-neutralen Wasserstoff-Gases muss unbedingt beschleunigt ausgebaut werden.
Auch die zahlreichen Maßnahmen zur Anpassung der Hafenstädte und Flussmündungen sowie Deichanlagen an den etwa 6 bis 7 Meter zu erwartenden Meeresspiegelanstieg bis 2100 müssen – auf Grund des Gesamtumfanges – schnellst möglich begonnen werden, damit sie rechtzeitig ihre Schutzwirkung entfalten können.
Volker Fritz