Das gestern zu Ende gegangene ersten Shale Gas Meeting zum Thema unkonventionelle Gasförderung und fossiles Gas endete mit einem gemeinsamen Brief an die Kommissare Günther Oettinger (Deutschland, CDU, Energie), Janez Potočnik (Slowenien, Umwelt) und Connie Hedegaard (Dänemark, Klimawandel).
Vertreten waren beim Meeting die Fédération Européenne de Spéléologi (Frankreich), Collectif Lyon (Frankreich), UCJS (Frankreich), Ecofys (Niederlande), SchalieGASvrij Haaren (Niederlande), Heaven or sHell (Schweden), Institute for Sustainable Development, Warsaw (Polen), Friends of the Earth (Europa), Health & Environment Alliance (Europa), WWF, und die Citizen’s Initiative against Gas Extraction (das sind wir) (Deutschland).
Von Seiten der europäischen Union haben Michele Rivasi (Frankreich, Member of the European Parliament), Jose Bove (Frankreich, Member of the European Parliament, Bas Eickhout (Niederlande, Member of the European Parliament), Reinhard Bütikofer (Deutschland, Member of the European Parliament, Heike Leberle (Deutschland, Energy Advisor to the Green Group of the European Parliament), Michael Schütz (Deutschland, DG Energy, European Commission) und Peter Gammeltoft (DG Environment, European Commission) eingeladen bzw. teilgenommen.
Wie schon im gestrigen Bericht zum ersten europäischen Shale Gas Meeting in Brüssel berichtet, wurden die Kommissare gebeten, sich der Forderung nach einem Moratorium des Tyndall Centre for Climate Research anzuschließen.
We ask you to publicly support the moratorium demand made recently by the Tyndall Centre for Climate Change Research for as long as the United States Environmental Protection Agency’s study on environmental impacts of shale gas drilling have not been published and evaluated.
Das Shale Gas Meeting soll außerdem zu einer regelmäßigen Veranstaltung werden.
„We ask you to institutionalise a regular shale gas / unconventional gas dialogue with civic and NGO representatives as soon as possible, hopefully starting before the summer break.“
Die Teilnehmer, aber auch die Veranstalter – die Grünen im europäischen Parlament – wollen den Kreis explizit auch auf weitere Interssengruppen und Parteien ausweiten. Auch wenn hier der erste Schritt von den Grünen ausging, ist erwünscht, dass zum Beispiel aus Deutschland auch die übrigen Regierungs- und Oppositionsparteien Vertreter entsenden.
Beim Treffen stellte sich heraus, dass trotz der vielen europäischen Gesetze und Richtlinien die Mitgliedsstaaten die konkrete Gesetzgebung bestimmen. Für Deutschland ist das das FDP geführte Bundeswirtschaftsministerium. Minister Rainer Brüderle hat sich bisher in keinster Weise öffentlich zum Thema unkonventionelle Gasförderung geäußert, obwohl sein Ministerium für eine Novellierung des Bergrechtes zuständig wäre. Momentan überlässt er das Feld vollständig den übrigen Parteien und wartet auf eine Bundesratsinitiative. An dieser Stelle werden die Bürgerinitiativen ansetzen müssen.
Ein weiterer Punkt betrifft die beim Fracking eingesetzten Chemikalien:
We ask you to guarantee that the European Chemical Agency gets complete information about the chemicals actually used or foreseen to be used in hydraulic fracturing from the companies involved, as well as the chemicals in the rocks to be fractured, so that they can analyse that information and make the findings available to the public.
Die europäische Gesetzgebung sieht bereits jetzt vor, dass alle Chemikalien, die im größeren Umfang eingesetzt werden (> 1000 T pro Jahr) registriert, überprüft und nach Möglichkeit durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden müssen. Ähnlich wie in den USA sollen nun alle Unternehmen, die Fracking in Europa betreiben, im Vorfeld die Listen der Chemikalien bekannt geben. Die europäische Agentur für Chemie soll die Informationen über die Chemikalien dann ohne Umwege auch der Bevölkerung zugänglich machen.
Als letzter Punkt wurde noch der Klimaschutz mit aufgenommen:
„We ask you to produce a greenhouse gas emissions (direct and indirect) impact assessment of shale gas drilling and to publish a calculation of its carbon footprint.“
Selbst wenn unkonventionelles Gas sehr viel klimafreundlicher als Kohle wäre – was inzwischen mehrere Studien bezweifeln – ist es immer noch ein fossiler Energieträger, der Einfluss auf das Klima haben wird. Es ist also wichtig zu wissen, wie groß dieser Einfluss ist, bevor im großen Maßstab mit der Förderung begonnen werden kann. Das ist auch entscheidend für die Strategie der europäischen Union, bis spätestens 2050 vollständig unabhängig von fossilen Energieträgern zu sein.
Der Brief der Teilnehmer hat keine rechtliche Relevanz. Er ist aber ein starkes Signal auf europäischer Ebene, das auf die Mitgliedsstaaten ausstrahlen wird. Die angeschriebenen Kommissare müssen sich nun zur unkonventionellen Gasförderung positionieren. Günther Oettinger hat das mit der Unterstützung des polnischen Antrags, Shale Gas für die künftige Energiestrategie der euopäischen Union zu berücksichtigen, bereits einmal getan. Durch weitere Informationen über die Risiken der unkonventionellen Gasförderung und entsprechende Signale aus Berlin, ließe sich das aber auch schnell wieder ändern.