Angesichts der Pläne der niederländischen Regierung, ab 2015 Erdgasförderung per Fracking womöglich zuzulassen, ruft MdB Hubertus Zdebel, Fracking-Experte der Bundestagsfraktion DIE LINKE, alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, bis zum 9. Juli von ihrem Einspruchsrecht Gebrauch zu machen und sich an grenzüberschreitenden Protestaktionen gegen die Fracking-Pläne zu beteiligen.
Außerdem hat Zdebel die Bundesregierung und nordrhein-westfälische Landesregierung aufgefordert, umgehend aktiv zu werden. „Fracking ist gefährlich und unverantwortlich. Es reicht nicht aus, ein Fracking-Moratorium zu verhängen wie in NRW; das gibt es in den Niederlanden auch. Wenn man will, kann man sich einfach darüber hinwegsetzen. Schon fordert der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG), nach niederländischem Vorbild auch in NRW Schiefergas-Pilotprojekte auf den Weg zu bringen. Wir Linken sind uns mit unserer niederländischen Schwesterpartei Socialistische Partij (SP) einig: Fracking muss sowohl in den Niederlanden wie in Deutschland gesetzlich verboten werden.“
Die niederländische Regierung geht mit dem aktuellen Verfahren einen Schritt weiter in Richtung Fracking, obwohl im September 2013 nach heftigen Protesten ein Moratorium verhängt wurde. In den Niederlanden haben sich bisher 167 Kommunen und neun der zwölf Provinzen gegen Fracking ausgesprochen, berichtet Zdebel weiter.
Mit dem vorgelegten Entwurf zur „Strukturvision Schiefergas“ hat die niederländische Regierung angekündigt, die Gasvorräte optimal nutzen zu wollen und dazu Fracking zu prüfen. Dabei beruft sie sich auf eine Empfehlung der EU-Kommission an die Mitgliedstaaten. Dieses Prüfverfahren kann dazu führen, dass Probebohrungen und Fracking ab 2015 zugelassen werden – wenn Umweltverträglichkeitsprüfungen dies für unbedenklich halten. Laut ‚Strukturvision‘ zählen auch weite Teile der an Deutschland grenzenden Provinzen Limburg, Nord-Brabant und Gelderland zu den betroffenen Regionen.
Fracking ist mit hohen Risiken insbesondere für das Trinkwasser verbunden. Das Oberflächen- und Grundwasser kann bei Unfällen und durch den Aufstieg von Fracking-Flüssigkeit, mobilisiertem bzw. verpresstem Lagerstättenwasser oder unterirdisch „vagabundierenden“ Gasen wie Methan („stray gas“) verschmutzt werden. Ereignisse wie Explosionen oder Erdbeben sind nicht auszuschließen.
Wegen der unbeherrschbaren Risiken der Fracking-Technologie fordert Zdebel ein gesetzliches Fracking-Verbot: „Hier sind Bund und Land NRW gefordert. Dies ist umso wichtiger, als es unlängst die Europäische Kommission versäumt hat, Fracking stärker zu regulieren.“
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag Reiner Priggen plädierte gestern dafür, dass die Niederlande „auf Fracking verzichten sollten“. Es müsse erst „ausgeschlossen werden, dass es zu Grundwasserbeeinträchtigungen in Deutschland kommt“.
Die Schiefergas-Pläne der Niederlande stoßen auch bei der SPD-Grünen Landesregierung auf Widerstand, sodass diese jetzt „einen breiten Dialog“ an einem Runden Tisch angekündigt hat.
Am 22. Januar 2014 hatte die EU-Kommission statt des geforderten Fracking-Verbots oder zumindest einer klaren Regelung des Fracking unter Berücksichtigung bestehender Umweltgesetze lediglich eine Empfehlung herausgegeben, die für die Unternehmen keinerlei Einschränkung bedeutet. Schützenhilfe bekommen solche pro-Fracking-Gelüste von Apologeten der gefährlichen und überflüssigen Bergbaumethode, wie z. B. von dem „Experten“ Frank Umbach, Associate Director des European Centre for Energy and Resource Security am Londoner King‘s College, der gestern mit einem ganzen Strauß von unbewiesenen und unbeweisbaren Behauptungen das Fracking in Europa über den grünen Klee lobt. Anscheinend bezieht er sich bei seiner messerscharfen Analyse auf „Fakten“ aus den USA, die vor der jüngsten Prognose der dortigen Energieagentur EIA angenommen wurden. Erst vor wenigen Tagen hatte die EIA die Erwartungen an gewinnbare Schiefergasressourcen um 96 Prozent gesenkt. Ob Umbach wie das amerikanische Gas und Öl nun auch ausgeblubbert hat, bleibt abzuwarten. Bereits 2013 hatte der Sachverständigenrat der deutschen Bundesregierung festgestellt, dass gefracktes Gas nur einen verschwindend geringen Beitrag zum benötigten Energiedargebot leisten könnte.
Dass die Niederlande aus all dem die richtige Lehre ziehen und sich rechtzeitig neu orientieren, dabei ist ihnen der Widerstand gegen Fracking sicher gern behilflich. Der Bundesverband der Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU hat bereits angekündigt, die Bürgerinnen und Bürgern beim Formulieren ihrer Bedenken mit
einer Mustereinwendung zu unterstützen.