Im Juni will die EU-Kommission erneut über die Energiesicherheit in der Union beraten. Die Gewinnung von sog. unkonventionellen Kohlenwasserstoffen sowie eine Renaissance der CCS-Technologie stehen dabei auf der Agenda. Dies belegt ein Entwurf vom 15. Mai, der wenige Tage vor der Europawahl geleakt ist (im Netz bei Scribd bzw. hier auf gegen-gasbohren). Eine bezüglich „unkonventioneller“ Kohlenwasserstoffe etwas vorsichtiger formulierte Version hat noch-Energiekommissar Oettinger heute veröffentlicht.
In dem Papier vom 15. Mai (Teilübersetzung) heißt es u. a.:
Die Mitgliedsstaaten sollten:
- […]
- Kohlenwasserstoffe und saubere Kohle fördern, unter Beachtung der Dekarbonisierungsprioritäten:
— Verschlanken der nationalen Verwaltungsverfahren für Kohlenwasserstoffprojekte, einschließlich durch Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und durch Aufsetzen eines One-Stop-Shop für die Erteilung von Bergbauberechtigungen;
— Erhebung des Potentials unkonventioneller Kohlenwasserstoffe unter vollumfänglicher Berücksichtigung der Empfehlung 2014/70/EU, damit die höchsten Umweltstandards Beachtung finden, und, zu diesem Zweck, Gründung eines europäischen Wissenschafts- und Technik-Netzwerks für die Gewinnung unkonventioneller Kohlenwasserstoffe;
— Unterstützung von CCS-Demonstrationsprojekten (wie z.B. das ROAD-Projekt), die eindeutige finanzielle Unterstützung benötigen, wenn CCS im kommerziellen Maßstab entwickelt werden soll.Die Kommission wird:
- Die CCS-Directive erneut beraten.
Fast zeitgleich mit dem Durchsickern des Entwurfs vom 15. Mai, am ersten Tag der fünften Verhandlungsrunde zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership), hat die Huffington Post ein Positionspapier zur zukünftigen Regelung des Energiemarktes [PDF] vom September 2013 geleakt. „Dieser Text ist nichts anderes als eine Wunschliste von Big Oil & Gas, die ihre Investitionen in fossile Rohstoffe sichern soll, insbesondere beim Schiefergas und beim Fracking“, kommentierte Wenonah Hauter bei Ecowatch.
Peter Fuchs, PowerShift, sieht darin die Ausbeutungsabsichten der EU und erklärt: „Die EU will sich mit vermeintlich billiger Kohle sowie Gas und Öl aus Fracking in den USA versorgen. Während der Widerstand gegen Fracking und neue Kohleprojekte in Europa wächst, sollen in den USA Fakten geschaffen werden. Die Zeche zahlt nicht nur die betroffene Bevölkerung. Beide Seiten würden Gestaltungsmöglichkeiten für eine alternative Energieversorgung für immer aus der Hand geben.“
Zusammen genommen machen beide Papiere deutlich, dass der EU-Energiekommissar überhaupt nicht daran denkt, fossile Energieträger so schnell wie möglich vom Markt zu drängen. Nun sind die Tage des Günther Oettinger als EU-Kommissar gezählt, doch wer wird sein Nachfolger? Möglicherweise Andrew Lansley, den der britische Premierminister David Cameron anscheinend ins Rennen schicken will. Was das Festhalten an den Fossilen angeht, hätte Oettinger mit Lansley einen „würdigen“ Nachfolger, denn der hat zuhause in England damit kein Problem und sicher auch nicht anderswo.