- Walter Oppenheim (Geschäftsführer der Stadtwerke Hamm)
- Dr. Volker Wrede (Leiter des Fachbereichs Beratung Rohstoffsicherung, Zukunftsenergien und Geologie vom Geologischen Dienst NRW)
- Laurenz Meyer (Wirtschafts- und Energieexperte der CDU Hamm)
- Marc Herter (Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke Hamm und MdL, SPD Hamm)
- Reinhard Merschhaus (Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen)
- Manfred Krystofiak (Bürgerinitiative gegen Bohrungen nach unkonventionellen Gasvorkommen)
Die Teilnehmer diskutierten in der Stadtbibliothek. Vereinzelt wurden Zuschauerfragen zugelassen. Die Moderation übernahm Thomas Reimann.
Walter Oppenheim berichtete, dass die sich in Gründung befindliche HammGas GmbH mit dem Zweck ins Leben gerufen werde, für die Stadtwerke Hamm Unabhängigkeit vom Markt und stärkere Preisstabilität zu erreichen. Da die Stadtwerke Hamm mit Gas handeln und dieses auch vertreiben, bestehe seit circa 2 Jahren die Überlegung, die im Hammer Boden befindlichen riesigen Mengen an Methangas durch die neuen Techniken zu fördern. In ganz NRW lagerten 2000 Milliarden Kubikmeter Gas, wovon aber nur circa 5 % gefördert werden können. Die Fördermenge hänge von der Geologie ab. Die Stadtwerke Hamm haben eine Aufsuchungserlaubnis beantragt, für Probebohrungen werde aber eine neue Genehmigung gebraucht. So weit sei der Prozeß in Hamm allerdings noch lange nicht. Im Antrag zur Aufsuchungserlaubnis haben die Stadtwerke das in Hamm geplante Vorgehen zum Gasbohren beschrieben. Demnach sollen natürliche Klüfte, die in Hamm durch den Bergbau entstanden sind, ausgenutzt werden. In Hamm seien die Kohleflöze brüchig und man könne durch spezielle Bohrverfahren diese Klüfte nutzen. 3 Millionen Euro Risikokapital sollen für die Erkundung eingesetzt werden. Fracking solle in Hamm nicht eingesetzt werden. Es sei nicht die Absicht der Stadtwerke Hamm, die Gesundheit ihrer Kunden zu schädigen, denn sonst liefen den Stadtwerken die Kunden weg. Eins sei jedoch sicher: wenn nicht die Stadtwerke Hamm nach Gas bohren, dann käme Exxon.
Dr. Volker Wrede vom Geologischen Dienst NRW berichtete, dass im Ruhrgebiet große Mengen Methan in Kohleflözen lagern, die durch neue Techniken erschlossen werden sollen. Dazu gäbe es verschiedene Verfahren, deren Einsatz jeweils von der Lagerstätte abhänge. Fracking sei nicht für Steinkohleflöze entwickelt worden, sondern für Schiefergestein. Ob Fracking in Hamm zum Einsatz kommen könne, müsse erst erkundet werden. Dazu müsse die Gesteinszusammensetzung geprüft werden. Zwar habe Exxon in den 90er Jahren Fracking zum Einsatz gebracht, es habe sich aber wirtschaftlich nicht rentiert, da Fracking ein extrem teures Verfahren sei. Es gebe aber neben Fracking auch andere Ansätze. In Zonen, wo das Gestein aufgelockert sei, können raffinierte Bohrtechniken eingesetzt werden. Aber welche Technik in Hamm die richtige sei, müsse erst noch erkundet werden. Erkundung bedeute, Bohrkerne zu ziehen, die viele Informationen über die Lagerstätten enthalten. Die Genehmigungen liefen in zwei Schritten ab: 1. die Aufsuchungserlaubnis und 2. die Genehmigung zur Förderung. Auf die Frage, mit was eigentlich gefrackt wird, verwies Dr. Wrede auf die Bohrungen im Donar-Feld in Hamm. Dort seien im Laufe der Jahre 75 Bohrungen in 1000 m Tiefe angebracht worden. Davon sehe man heute nichts mehr, es sei spurenfrei geschehen, weil die Bohrplätze in Deutschland so verlassen werden, wie sie vorgefunden werden. Im Film „Gasland“ würden aber Bilder aus einer Wüste in den USA gezeigt, die vorher bereits kahl aussah. Dort würde sich niemand die Mühe machen, Bohrplätze wieder herzustellen. Der Geologische Dienst NRW habe jedenfalls nicht festgestellt, dass beim Fracken selbst Probleme hervorgerufen würden. Es sei kein einziger Fall belegbar. Die Schäden seien allein durch die laxe Gesetzgebung in den USA entstanden. Auf die Frage, ob die Stadtwerke Hamm garantieren können, dass das Gestein dicht ist, verwies Dr. Wrede darauf, dass der Geologische Dienst NRW vom Bergamt bei einer Bohranfrage beauftragt werde, diese Frage zu prüfen. Dazu untersuche der Geologische Dienst NRW die Geologie. Aber die Voraussetzungen seien in Hamm günstig. Es gebe Emschermergel, der sehr dicht sei. An bestimmten Stellen sei er durchlässig, einige davon seien bekannt, es müsse aber im Einzelfall geprüft werden. Der Geologische Dienst NRW berate die Bergbehörde in derlei Fragen.
Laurenz Meyer konnte nicht bestätigen, dass sich das lokale Engagement der Stadtwerke Hamm wirklich lohnen wird. Er erinnerte daran, dass „wir“ hier in Hamm in der Vergangenheit mit dem Bergbau gelebt und davon profitiert hätten. Der Bereich von 300 qkm, den sich die Stadtwerke Hamm zum Gasbohren gesichert haben, sei ein vergleichsweise kleiner Bereich, das sei doch positiv. Laurenz Meyer betonte, dass man nicht gleichzeitig aus allen Energien aussteigen könne. Da müsse das Gas eben seinen Beitrag leisten. Die Stadtwerke Hamm seien ein kompetentes kommunales Unternehmen. Das Verfahren sei öffentlich. Man könne nicht alle Energieerzeugung ablehnen. Bei der Einführung der Windkraftanlagen haben sich zuerst auch alle aufgelehnt, heute sei es eine akzeptierte Energieform. Dieselben Leute, die früher die Kernenergie ablehnten, würden heute auch alles andere ablehnen. Der Rat der Stadt Hamm mache aber eine verantwortungsvolle Energiepolitik. Außerdem sei der Boden in Hamm gut erforscht. Laurenz Meyer betonte, dass ihn der Vergleich zu der Situation in den USA sehr störe. Bei uns in Deutschland liege die Kohle doch 700 m unter der Erde, in den USA sei die Kohle kurz unter der Erde zu finden. Niemand in der Stadt Hamm befürworte eine umweltschädliche Gasförderung. Laurenz Meyer bezeichnete die Wortmeldung eines Zuschauers, der den Einbezug mehr moralischer Aspekte eingefordert hatte, als überheblich. Bei Berücksichtigung der sozialen Dimension müsse er feststellen, dass die Partei „Die Linke“ der Forderung, dass Energie bezahlbar bleiben müssen, keine Beachtung schenke und damit nicht auf ihr Klientel Rücksicht nehme. Um in Hamm nach Gas zu bohren, müssen nur die Risiken abgewogen werden.
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke und SPD-Mitglied Marc Herter bezeichnete Gas als Brücke. Der Atomausstieg solle schnell vorangetrieben werden. Dann müssen aber fossile Energien substituiert werden. Er habe in dieser Beziehung eine ähnliche Meinung wie Laurenz Meyer. Bisher sei Gas eine unverdächtige Energiequelle gewesen. An vielen Stellen der Welt werde Gas mit konventionellen Methoden gefördert. Es müsse die Frage gestellt werden, ob die Gasförderung wirtschaftlich und ökologisch vertretbar sei. Wenn ja, dann müsse herausgefunden werden, mit welchen Verfahren das Gas in Hamm gefördert werden könne. Die Sorgen der Menschen seien berechtigt. Aber man könne doch nicht folgern, weil Exxon sich umweltschädlich verhält, würden die Stadtwerke das auch machen. Die Stadtwerke Hamm seien eine Selbstverpflichtung eingegangen und haben ein transparentes Verfahren versprochen. Das unterscheide „uns“ von Exxon. Es sei eine breite Bürgerbeteiligung versprochen worden, darauf bestünde ein Anspruch. Er sei auch dafür, das Bergrecht zu ändern. Es sei richtig, die Bürger zu fragen, ob man das Gas fördern solle oder nicht. In Hamm sollen alle offenen Fragen geklärt werden. Man habe es in Hamm doch mit einem Glücksfall zu tun: es sei ein offener Prozeß und ein vertrauenswürdiger Träger. Mit Superintendent Rüdiger Schuch habe man einen Moderator, der den Prozeß begleitet. Die Stadtwerke Hamm hätten das alles durchgesetzt. Ohne die Stadtwerke Hamm werde kein Gas gefördert. Außerdem werde nur mit breiter Akzeptanz Gas gefördert.
Reinhard Merschhaus von Bündnis 90/Die Grünen betonte, dass die Situation in Hamm nicht so ist wie in den USA. Man solle doch die Kirche im Dorf lassen. Er habe im neuen Kohlekraftwerk in Hamm ein Problem gesehen und sich dagegen ausgesprochen. Aber der Strom komme nun mal nicht aus der Steckdose. Er stellte die Frage, was wir denn für andere Möglichkeiten haben? Erdgas sei eben eine der Möglichkeiten. Wir würden das Weltproblem nicht lösen können. Dezentrale Initiativen wie in Hamm würden gebraucht. Im Augenblick sei in Hamm noch nicht die Entscheidung getroffen, dass in Hamm tatsächlich Gas gefördert werden soll. Die Grünen unterstützen Fracking zwar nicht, wollen den Prozeß des Gasbohrens aber einleiten. Die Frage sei eben nur: ist der Prozeß vertretbar und verantwortbar? Am Ende des Prozesses müsse die Frage beantwortet werden, ob wir in Hamm das machen können. Wenn diese Frage negativ beantwortet werde, werden wir auf das Geld verzichten. Das sei die Meinung aller Fraktionen im Rat gewesen. Auf das Argument eines Zuschauers, Reinhard Merschhaus habe in der Vergangenheit für den Verkauf der Stadtwerke Hamm gestimmt, nannte er seine damalige Entscheidung falsch. Aus seiner Sicht gebe es keine problemlose Energiegewinnung. Wir seien auf Erdgas angewiesen. Die Forderung, bei uns keine Gasförderung zuzulassen obwohl wir die Energie nutzen, sei aber nicht vertretbar. Solch eine Meinung sei aus seiner Sicht nicht verantwortbar.
Der Sprecher der BI Gegen Gasbohren Hamm, Manfred Krystofiak, wurde vom Moderator Thomas Reimann kaum in die Diskussion einbezogen. Manfred Krystofiak meldete sich daraufhin selbst zu Wort und wies darauf hin, dass Exxon in Deutschland eine ähnliche Strategie wie in den USA versuche. Er stellte die Frage: Wenn in Hamm ein Antrag auf Probebohrungen gestellt werden würde, warum sollte dieser Antrag nicht genehmigt werden? Manfred Krystofiak bezweifelte, dass der Prozess des Gasbohrens noch aufgehalten werden könne, da der Anteil der Stadtwerke an der HammGas nur knapp über 20 % betrage.
Zum Schluß der Diskussion war klar, dass die Runde bis auf den Sprecher der BI Gegen Gasbohren nur aus Befürwortern der Gasbohrungen bestand. Die Gesprächsinhalte waren einseitig und zu Gunsten der Gasförderung. Zuschauerfragen wurden entgegen der Ankündigung auf der Homepage der HammTalk nur selten zugelassen.
Nach der Veranstaltung traf man sich im nahe gelegenen Cafe. Laurenz Meyer (CDU), Superintendent Rüdiger Schuch (Moderator), Dr. Volker Wrede (Geologischer Dienst) und Siegbert Künzel (Die Grünen) erläuterten beim Bier die Details.
Quelle: Eigener Bericht der BIGG Hamm