Massive Kritik an Fracking‐Plänen der Bundesregierung – Lebensmittel des täglichen Bedarfs sind unzureichend geschützt
Berlin, 24. November 2014. Das „Bündnis zum Schutz von Wasser“ hat die Pläne der Bundesregierung, die Erdgasförderung mittels Fracking unter bestimmten Umständen doch zu ermöglichen, massiv kritisiert: Die Ende vergangener Woche bekannt gewordene Verständigung zwischen den Bundesministerien für Wirtschaft und Umwelt garantiere keinen umfassend wirksamen Schutz der Wasservorkommen für Lebensmittel, die täglich konsumiert werden. Das „Bündnis zum Schutz von Wasser“, das 2013 von deutschen Wasserversorgern und Getränkeherstellern gegründet worden war und unter anderem auch von der Gewerkschaft NGG unterstützt wird, kündigte an, weiterhin auf einen effektiven Schutz dieser Wasservorkommen zu drängen.
Sowohl für Mineralquellen als auch für Trinkwasserbrunnen zum Brauen von Bier und zur Zubereitung alkoholfreier Getränke sowie weiterer Lebensmittel sei im aktuellen Gesetzentwurf kein besonderer rechtlicher Schutz vorgesehen, und für die öffentliche Wasserversorgung nur in Teilen. „Wie will die Bundesregierung den Verbrauchern erklären, dass sie nicht einmal für die Lebensmittel des täglichen Bedarfs einen wirksamen und kompromisslosen Schutz zustande bekommen hat?“, fragen die Partner des „Bündnis zum Schutz von Wasser“ in einer gemeinsamen Erklärung. Man beobachte seit geraumer Zeit, dass unter dem Druck der Fracking‐Befürworter der in Deutschland traditionell strenge Gewässerschutz immer mehr ins Wanken gerät. Schon werden Parallelen zu den USA deutlich, denn auch dort sind Umweltschutzgesetze umgangen bzw. teilweise außer Kraft gesetzt worden, um den Einsatz der umstrittenen Fracking‐Technologie zu ermöglichen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Wasservorkommen für Lebensmittel, die teilweise seit Jahrzehnten von ortsansässigen Betrieben in der Ernährungswirtschaft genutzt werden, Fracking‐Risiken ausgesetzt werden“, so das Bündnis. Die deutsche Getränke- und Lebensmittelwirtschaft müsse sich darauf verlassen können, dass die Sicherheit und Reinheit qualitativ hochwertiger Wasserressourcen nicht durch Risikotechnologien aufs Spiel gesetzt werde. Es widerspreche jeglicher Verbraucherwartung, wenn die Bundesregierung nicht die Wasservorkommen für die Herstellung der beliebtesten und am häufigsten konsumierten Getränke beim Schutz vor Fracking bereits auf gesetzlicher Ebene effektiv schütze.
Einer Farce komme das im Gesetzentwurf vorgesehene Gremium mit Vertretern wissenschaftlich‐technischer Organisationen gleich, das zukünftig über die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit der Erdgasgewinnung durch Fracking entscheiden solle. Drei der sechs vorgesehenen Organisationen hatten sich in den letzten Jahren stets für die Fracking‐Technologie ausgesprochen und dazu im Jahr 2013 sogar eine gemeinsame Erklärung abgegeben.
Mehr als enttäuschend sei die Tatsache, dass auch im jetzigen Entwurf der Schutz von Trinkwasser und staatlich anerkannten Heilquellen nur halbherzig angegangen werde. Anstatt die kompletten Einzugsgebiete vor Fracking‐Maßnahmen und der Verpressung von Rücklaufwasser und Abwasser (Flowback) zu schützen, würden bundesweite Verbote abermals nur auf die – meist kleineren – Schutzgebiete beschränkt. Weitere Gebiete könnten die Länder dann ausschließen. Es sei jedoch zu fragen, wie dezentrale Regelungen in jenen Bundesländern aussähen, in denen der Druck auf Fracking‐Maßnahmen zunehme.
Seit 2013 setzen sich die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr, die Gelsenwasser AG, der Deutsche Brauer‐Bund, der Verband Deutscher Mineralbrunnen und die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke im Bündnis zum Schutz von Wasser als breite Front gegen nachteilige Auswirkungen der Fracking‐Technologie ein. In diesem Jahr sind dem Bündnis die Gewerkschaft Nahrung‐Genuss‐Gaststätten (NGG) sowie der Verband der deutschen Fruchtsaft‐Industrie und der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels als weitere Partner beigetreten. Damit repräsentiert dieses Bündnis mehr als tausend Unternehmen in ganz Deutschland. Verstärkt wird das Bündnis durch die NGG, die in bundesweit 52 Regionen die Interessen von rund 206.000 Mitgliedern vertritt.
Mit Verweis auf seine „Gelsenkirchener Erklärung“ (wir berichteten) aus dem Herbst 2013 wird das Bündnis weiterhin energisch dafür eintreten, nicht nur Flächen in Trinkwasserschutzgebieten und Heilquellenschutzgebieten von Fracking und Flowback‐Verpressung frei zu halten, sondern auch deren Einzugsgebiete. Gleiches gilt für die Einzugsgebiete von natürlichen Mineralquellen und Brunnen zur Trinkwasserversorgung für Bier, alkoholfreie Getränke und die Herstellung weiterer Lebensmittel. „Die Bundesregierung muss mindestens in der Lage sein, das, was als Lebensmittel täglich in aller Munde ist, vor nachteiligen Einwirkungen des Frackings wirksam und ohne falsche Kompromisse zu schützen“, fordert das Bündnis. Bedauerlicherweise sei dieses Ziel bisher nicht annähernd erreicht.