Bohrtürme im Einsatz für die Öl- und Erdgasförderung in Nordamerika
Berichtszeitraum 16 Juni 2018 bis 13. Juli 2018
Der Juli 2018 erlebt eine weitere deutliche Erholung – nach Zunahme im Juni – vom vorherigen starken Rückgang der im Einsatz befindlichen Bohrtürme in den Berichtsmonaten März und April.
Die Rohölpreise auf WTI-Basis nahmen in den letzten Wochen deutlich zu bis auf über 74 USD/barrel und erst in den letzten Tagen fielen sie auf knapp unter 71 USD/barrel. Nach den Ankündigungen der US-Förderindustrie sind die US-Rohölpreise ab 60 USD/barrel interessant.
Dennoch war die Wiederinbetriebnahme von Bohrtürmen im Juli, gemessen an den aktuellen Marktpreisen, vorsichtig bis mäßig. Besonders erstaunlich im Berichtszeitraum ist zu vermerken, dass in den USA sogar ein leichter Rückgang im Juli zu verzeichnen ist, während in Kanada umfangreich reaktiviert wurde.
Auch die deutlich erhöhte Zahl der im Juli 2018 reaktivierten Bohrtürme hat noch nicht dazu geführt, den Stand von Februar/März 2018 wieder zu erreichen.
Hier bleiben Fragen offen, deren Klärung eventuell demnächst möglich sein wird.
Die Entwicklung in den USA und in Kanada verlief auch im Monat Juli wieder nicht gleichsinnig. In den USA nahmen die Zahlen der im Einsatz befindlichen Bohrtürme des Vormonats gering ab, bezogen auf die inzwischen recht profitablen aktuellen Marktpreise, während in Kanada der der Absturz vom Mai überkompensiert wurde. So ergab sich eine Gesamtzunahme von 53 Türmen im Juli, die aus einer Rücknahme in den USA von 5 Bohrtürmen und einer Zunahme in Kanada von 58 Bohrtürmen entstand. Die Zunahme setzt sich wiederum überwiegend aus Ölbohrtürmen zusammen (über 80 Prozent), während Gasbohrtürme stagnieren.
Nachfolgend noch einmal die Entwicklung, nachdem es in den Monaten vor Juli 2017 eine stete Zunahme der im Einsatz befindlichen Bohrtürme gegeben hatte und im Juli Stillstand und danach einen Rückgang – mit erneuter Belebung zum Jahresbeginn:
Monat |
gesamt im Einsatz | USA |
Kanada |
USA Rohölpreis WTI USD/barrel |
Ende 7 | 1.178 | 958 | 220 | 46,00 |
Ende 8 |
1.157 | 940 | 217 | 46,81 |
Ende 9 | 1.155 | 935 | 220 | 52,13 |
Ende 10 |
1.115 | 913 | 202 | 51,94 |
Mitte 11 |
1.090 | 889 | 192 | 54,27 |
3. Wo 11 |
1.110 | 907 | 203 | 57,03 |
4. Wo 11 | 1.123 | 915 | 208 | 56,18 |
15.12.17 |
1.168 | 930 | 238 | 56,64 |
19.01.18 |
1.261 | 936 | 325 | 63,72 |
16.02.18 |
1.293 | 975 | 318 | 60,74 |
16.03.18 |
1.209 | 990 | 219 | 60,85 |
13.04.18 |
1.110 | 1.008 | 117 | 66,74 |
18.05.18 |
1.129 | 1.046 | 83 | 71,50 |
15.06.18 |
1.198 | 1.059 | 139 | 66,60 |
13.07.18 |
1.251 | 1.054 | 197 | 70,60 |
Die Gebiete der Hauptaktivitäten sind in USA: Texas (528), Oklahoma (141), New Mexico (99), Louisiana (58), North Dakota (57), Pennsylvania (37), Colorado (32), Wyoming (27) und Ohio (22).
Der Ölpreis war seit Mitte März stetig gestiegen, auf zwischenzeitlich am 18. Mai 2018 71,50 USD/barrel für WTI , am 15. Juni 2018 etwas nachgegeben auf 66,60 USD/barrel, danach wieder gestiegen bis 74,30 mit Abfall auf aktuell 70,60 USD/barrel.
Die Unsicherheit an den Börsen sei der Grund für diese Rohstoffpreisentwicklung, kommentieren die Händler an der Wall Street in New York. Auch die Entwicklung der Erdgaspreise auf der Basis Henry Hub spiegelt diese Entwicklung wider. Der Henry Hub Gaspreis ist nach zwischenzeitlich mehr als 3,20 USD/mmBtu und 2,811 USD/mmBtu Mitte Mai auf 2,94 USD/mmBtu stabil auf niedrigem Niveau, derzeit Stand 2,88 USD/mmBtu.
Das Erdgas-Überangebot in den US-Netzen drückt die Preise.
Die vom US-Statistik-Amt festgestellte Verringerung der gelagerten Ölvorräte der USA besteht weiter. Bisher wurde davon ausgegangen, dass in 2018 die Auswirkung der Rücknahme der Förderkapazitäten der OPEC-Länder und der mit ihnen kooperierenden Nicht-OPEC-Förderländer zur Stabilisierung der Rohölpreise bei 60 bis 70 Dollar/barrel WTI-Qualität beitragen könnte.
Die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA könnte sich auf die inzwischen schon wieder recht starke Ölförderung des Iran auswirken und diese reduzieren.
Die damit auf dem Weltmarkt befürchtete Verknappung des Rohöles ist nicht zu erwarten. Erst kürzlich haben mehrere wichtige Erdölförderländer angekündigt, ihre Förderung wieder hochfahren zu wollen. Und die Länder der EU haben betont, dass sie im Atomabkommen mit dem Iran bleiben wollen und dem Iran Möglichkeiten schaffen wollen, sich wirtschaftlich weiter zu erholen. Das bedeutet, dass sie Öllieferungen des Iran gegen das US-Embargo an die EU organisieren wollen.
Die riesigen weltweit zwischengelagerten Rohölmengen, die kurzfristig verfügbar und auch umdirigierbar sind (Lagerung in Großtankerflotten auf Reede), animieren die Rohstoff-Spekulanten zu Preiswetten und überlagern das eigentliche Rohöl-Liefergeschäft.
Die sprunghafte Außenpolitik der USA, unter Missachtung aller internationalen Vereinbarungen, die gültig abgeschlossen wurden, wesentlich in der Vergangenheit forciert von den USA, bietet für Zocker natürlich zusätzliches Wett-Potential und verschärft generell die Situation.
Die Aktivitäten von Präsident Trump gegen die NATO als gemeinsame Allianz vergrößert natürlich die Unsicherheit noch weiter.
Das erwartete Reaktivieren von Bohrtürmen bei Rohölpreisen von deutlich über 60 USD/barrel WTI in den USA und in Kanada zur Jahresmitte 2018 ist weiterhin ausgeblieben. Die Gründe dafür sind weiterhin nicht klar auszumachen.
Die US-Förderunternehmen behaupten, dass sie aus ihren Förderbohrungen in Shale-Vorkommen durch optimierte Maßnahmen viel mehr Produktion herausholen als vorher und daher eher wettbewerbsfähig sind (bei niedrigeren Preisen als vorher).
Da insgesamt im Bereich der Ölförderung in Nordamerika der Hauptrückgang in den Monaten März und April 2018 stattgefunden hat und die Zunahme im Mai und Juni diesen starken Rückgang bisher nicht ausgleichen konnte, wird im Verlauf der zweiten Jahreshälfte 2018 das Ölangebot aus nordamerikanischer Förderung nicht so stark zunehmen, wie sich das noch im Monat Februar 2018 abzeichnete.
Die Situation der Kohlenstoff-Energiebranche wird von großen institutionellen Anlegern weiterhin kritisch gesehen, weil der große Zuwachs bei den regenerativen Energien, gerade und auch in den USA, den fossilen Erzeugern Märkte wegnimmt. Und die Erzeugung der regenerativen Energien wird immer preiswerter. Neueste Meldungen berichten, dass die Fotovoltaik durch weitere Verbesserungen der Effizienz inzwischen in den USA wettbewerbsfähiger als die fossilen Stromerzeuger ist.
Die Zubauraten an Fotovoltaik-Anlagen in den USA sind rasant gestiegen.
Weiterhin versuchen große institutionelle Anleger, die bisher im Energiebereich bedeutende Teile ihres investierten Portfolios angelegt haben, aus den fossilen Energien auszusteigen.
Die Freigabe des Offshore-Gürtels vor den Küsten der US-Bundesstaaten für die Förderung von Kohlenwasserstoffen durch Präsident Trump wird weitestgehend von den betroffenen Bundesstaaten abgelehnt.
Sie bestehen auf der Beibehaltung der Schutzsperre der Obama-Regierung. Sie fürchten um die Küstenfischerei, um die Gefährdung der Natur und der Küsten durch Unfälle und Störungen und insgesamt um die Beeinträchtigung des Tourismusgeschäftes an ihren Küsten.
Der zuständige Minister, Bryan Zynke, hat von fast allen Gouverneuren entsprechende ablehnende Bescheide erhalten.
Volker Fritz
im AK Fracking Braunschweiger Land