Bericht von den Protest-Tagen des Klimacamps im Groninger Erdgasfeld

© Lindner-Hausner
Bericht über die Beteiligung mehrerer Mitglieds-BIs an den Protest-Tagen des Klimacamps im Groninger Erdgasfeld vom 24. bis 31. August 2018

Dem Aufruf der Gruppe „Code Rood“, zusammen mit „Ende-Gelände“ sind in den Tagen rund 700 Teilnehmer gefolgt. Teilnehmer aus vielen europäischen Ländern und aus Übersee beteiligten sich an den Aktionen. Die hohe Zahl der Aktiven ergab eine echte Hilfe für die örtlichen Initiativen und die gewünschte öffentliche Aufmerksamkeit.

Wegweiser von Code zum Klima-Camp ©Lindner-Hauser

 

 

Die Veranstaltung war so gelegt, dass am 28. August , dem Groninger Festtag „Gronings Ontzet“, erhöhte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in den Niederlanden, und besonders in der Region Groningen, zu erwarten war. Das Klima-Camp war in der Nähe von Delfzijl eingerichtet.
Ganz in der Nähe befinden sich Erdgaskondensattanks des niederländischen Erdgaskonzerns NAM, eines Konsortiums von ExxonMobil und Shell.

Menschen im Klimacamp © Lindner-Hauser

Eine der Aktionen während der Tage war die mehrtägige friedliche Sitzdemo an der Kondensattankanlage von NAM, die am 30. August ohne Eingriffe der Polizei wieder aufgehoben wurde.
Plakative Forderungen waren: „Die fossilen Rohstoffe sollen in der Erde bleiben, Quecksilber, Benzol, Radioaktivität, Schwermetalle töten!“
„Rettet das Klima – Regenerative Energien nutzen! Weltweit !“
„Genug ist Genug“, „Einstellung der Erdgasförderung“…

Auch aus dem Zusammenschluss „Gegen Gasbohren“ waren Vertreter mehrerer Initiativen dem Aufruf gefolgt. Neben der AG Fracking der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg war auch Abgefrackt Bündnis Weidener Becken gegen Fracking anwesend.

Gasförderplatz im Gebiet Groningen © Ebeling

Zum Hintergrund: dieses größte europäische Erdgasvorkommen im Groninger Becken förderte über Jahrzehnte schon große Mengen Erdgas, bis zu 54 Mrd. m³/Jahr. 1986 traten dann erste Beben auf, die sich allmählich verstärkten und auch an Intensität zunahmen. Eine Eigenart dieser Region ist es, dass die Epizentren dieser Setzungsbeben in der Förderungsebene liegen, also in etwa drei Kilomter Tiefe. Dadurch gelangt viel mehr Energie an die Oberfläche, als bei gleich starken normalen Erdbeben, deren Epizentren viel tiefer liegen. Die Groninger Beben richten daher Schäden an, die sonst erst bei Magnituden von fünf oder sechs auftreten.
Und die Schäden nahmen mit den Jahren ständig zu. 90.000 Gebäude sind potentiell im Groninger Gebiet gefährdet.
Bis 2012 waren der Betriebsgesellschaft NAM 1.100 Schadensanzeigen eingereicht worden. Seit dem Huizinger Beben im August 2012 mit einer Stärke von 3,6 Richter wurden inzwischen über 50.000 Schadensanzeigen eingereicht.
Der „Untersuchungsrat für Sicherheit“ in den Niederlanden hat seine Einschätzung dazu abgegeben:“Die Gasförderung ist inzwischen für die Menschen in der Region Groningen zum Sicherheitsrisiko geworden“. Circa 600.000 Einwohner der Region Groningen sind betroffen.

Die niederländische Regierung hat die Erdgasförderung bereits von 54 Mrd. m³ auf 21 Mrd. m³/Jahr reduzieren lassen und will bis 2030 im Groninger Becken die Erdgasförderung ganz beenden, doch die Beben haben noch nicht abgenommen.
Ferner plant die Regierung nicht etwa die Umstrukturierung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien, sondern sie will weiterhin Erdgas nutzen, das jedoch dann kostenintensiv importiert werden soll.

einsturzgefährdeter Bauernhof © Ebeling

Unsere Teilnehmer haben mit vielen Einheimischen gesprochen und diese zeigten ihnen die vielen Risse in zahlreichen Gebäuden in mehreren Gemeinden: Loppersum, Middelstum, Huizinge, Eemsmond, Doodstil und Zandeweer. Die Geschädigten kämpfen mit der NAM um den Ausgleich ihrer Schäden, oftmals sind die Häuser aber nur noch Ruinen, die abgerissen werden müssen, weil ein Neubau preiswerter ist.
Auch verschiedene Erdgasanlagen, teilweise als Cluster-Förderplätze ausgeführt, mit vielen Fördersonden, wurden besichtigt, mit umfangreichen Erdgasreinigungsanlagen und hohen Fackeltürmen. Unseren Besuchern wurde von Leitungsleckagen mit Benzolaustritten berichtet, die häufiger auftreten.

Der Grenzwert für Benzol ist in den Niederlanden mit 0,2 ppm wesentlich schärfer als in Deutschland mit 0,5 ppm, doch der einzig schützende Wert wäre 0 ppm, ein Molekül eingeatmet genügt, um Krebs zu verursachen.

Im Groninger Becken hat sich der Boden inzwischen, nach Angaben der Niederländer, um 45 Zentimeter gesenkt und Deiche zur Nordsee  mussten teils erhöht werden, um die Höhenverringerung der Deichkrone auszugleichen. Natürlich gab es das gleiche Problem mit allen Wasserläufen im Groninger Becken.
Auch da mussten Uferbefestigungen angepasst werden.

Die Forderungen der Aktion Alarmstufe Rot – Code Rood:
https://www.ende-gelaende.org/code-rood/
Schadensersatzleistungen und das Ende der Gasproduktion (wirklich) Nachhaltige Energie ein fairer Wandel eine gerechte Welt
im Detail nachzulesen bei https://code-rood.org/de/aktionsaufruf-code-rood-2018/

Unseren Teilnehmern ist besonders positiv die gute Stimmung und überströmende Begeisterung der Menschen im Camp aufgefallen und das gegenseitige aufeinander Achten. Zu den Groninger Initiativen gab es gute Kontakte. Doch auch zu vielen anderen Gruppen aus Schweden und Groß Britannien konnten neue Kontakte geknüpft werden.

Insgesamt bewerten die örtlichen niederländischen Initiativen im Raum Groningen dieses „Camp“ als großen Erfolg und haben sich bei allen auswärtigen Teilnehmern herzlich bedankt.

Zusammenfassung: Volker Fritz

 

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