Zur Vorbereitung der Bundesratsmitglieder sandten Mitglieder des BBU einen informativen Brief, verbunden mit dem dringenden Appell, die Augen gegenüber den Gefahren des Fracking nicht zu verschließen.
BBU, Bonn, c/o Oliver Kalusch
An die Mitglieder des Umweltausschusses
des Bundesrates
– nur per Email –
Sitzung des Umweltausschusses des Bundesrates –
Ergänzende Informationen zur Behandlung des Themas Fracking
3.9.2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
am Donnerstag, dem 4.9.2014 stehen die Rechtsänderungsentwürfe und Vorschläge der
Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Baden-Württemberg auf
der Tagesordnung der Sitzung des Umweltausschusses des Bundesrates.
Als bundesweit agierender Dachverband zahlreicher Bürgerinitiativen, insbesondere zum
Thema Fracking, sind wir besorgt, dass mit den vorliegenden Entwürfen der Bundesländer
der Gewinnung von Erdgas mittels der Methode des Hydraulic Fracturing der Weg geebnet
wird. Fracking in Kohleflözen, Schiefergestein oder Sandstein gefährdet die Gesundheit
der Menschen und die Umwelt, unabhängig davon, ob es mit oder ohne „umwelttoxische
Stoffe“ erfolgt oder in welcher Tiefe es stattfindet.
Mit Besorgnis stellen wir fest, dass in den letzten Tagen von interessierter Seite
kampagnenartig Werbung für Fracking betrieben wird. Wir gehen davon aus, dass die
Lobby der Gasindustrie Sie und damit die Entscheidung von Bundesrat und Bundestag in
ihrem Sinne beeinflussen will.
Aus diesem Grund erlauben wir uns, ihnen über die Ihnen sicherlich bereits bekannten
Fakten hinaus weitere Informationen über den zu Unrecht als vorbildlich dargestellten
niedersächsischen Dialogprozess zu Fracking und die Fracking-Erfahrungen in
Niedersachsen zur Verfügung zu stellen. Desweiteren möchten wir Ihnen neue
Erkenntnisse hinsichtlich der von Fracking ausgehenden Risiken und Umweltgefahren
darstellen. Diese Informationen sind weiter unten aufgeführt. Sie wurden vom BBU und
seinen Mitgliedsinitiativen zusammengestellt.
Wir appellieren an Sie, auf der Grundlage dieser Erkenntnisse den
Rechtsänderungsentwürfen der vier Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein,
Hessen und Baden-Württemberg nicht zuzustimmen. Wir möchten betonen, dass lediglich
ein ausnahmsloses Fracking-Verbot den erforderlichen Schutz der Gesundheit und der
Umwelt gewährleisten kann. Wie der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags
festgestellt hat, begegnet ein derartiges Fracking-Verbot auch keinen rechtlichen
Bedenken; Grundrechte werden nicht verletzt. In diesem Sinne bitten wir Sie, sich für ein
ausnahmsloses Fracking-Verbot zu entscheiden und dem Bundestag einen
entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten.
Begriffsumdeutungen
Seitens der niedersächsischen Landesregierung wird derzeit im Einklang mit der Industrie
versucht, den Begriff der unkonventionellen Gasförderung umzudeuten. Bislang und
international üblich ist eine Klassifizierung anhand der Durchlässigkeit (Permeabilität) der
Lagerstätte. International ist 0,1 Millidarcy (mD) üblich, wobei Niedersachsen hingegen
schon ab 0,6 mD 75% Rabatt auf die Förderabgabe gewährt. Zugleich folgt aus der
Durchlässigkeit die etwaige Notwendigkeit des Frackens, sodass auch das Frac-
Erfordernis alternativ als Kriterium zur Unterscheidung gesehen wird.
Um die sich gegen unkonventionelles Erdgas aussprechende Formulierung des eigenen
Koalitionsvertrags zu unterlaufen, versucht die niedersächsische Landesregierung im
Einklang mit der Industrie nun, stattdessen in Speichergesteine und Muttergesteine zu
unterscheiden. Ziel dessen ist es, sogenanntes Tightgas trotz der Fracking-Erfordernis als
konventionell zu titulieren. Damit versucht man, es mit echt-konventioneller, frackingfreier
Gasförderung gleichzusetzen, ja sogar zu suggerieren, dass jegliche Gasförderung auf
Fracking angewiesen sei. 70% der deutschen Produktion kommt jedoch ohne Fracking
aus, nur etwa ein Drittel wird gefrackt.
Ebenfalls tauchten in den letzten Wochen Medienberichte auf, die augenscheinlich das
Frac-Verfahren selbst in konventionell und unkonventionell zu unterscheiden versuchten.
Wenn überhaupt, ist hier lediglich eine Abgrenzung von reinen Wasserfracs unter
Ausnutzung vorhandener Scherspannungen (üblich in der Geothermie) von den
Stützmittel-Gel-Fracs der Erdgasförderung sinnvoll. Hinsichtlich der Gaslagerstätten
unterscheiden die Verfahren sich kaum. Einzelne Risikoaspekte mögen sich untereinander
leicht anders gewichten, eine generelle Unbedenklichkeit des Tightgas-Frackings kann
jedoch keineswegs attestiert werden. So sind beispielsweise die Chemikalien tendenziell
kritischer als in Schiefergas-Vorhaben.
Eine Aufstellung unzähliger Fundstellen für die Zuordnung von Tightgas als
unkonventionell findet sich im Beitrag der Bürgerinitiativen zum niedersächsischen
Fachgespräch:
http://www.gegen-gasbohren.de/wp-content/uploads/2014/06/FG_2_kom.pdf
Illusion der Einbindung niedersächsischer Bürgerinitiativen
Dem Protokoll der Bundesratssitzung vor der Sommerpause ist zu entnehmen, dass Herr
Lies damit zu werben versuchte, dass an den Landeserlassen doch die Bürgerinitiativen
mitgearbeitet hätten. Nachdem der erste Termin eines „Fachgesprächs
Umweltverträglichskeitsstudie für Fracking“ ohne wirkliche inhaltliche Erkenntnisse
verstrich, wurde zum zweiten Fachgesprächstermin ein angekündigter Vortrag der
Bürgerinitiativen massivst versucht zu verhindern.
Eine daraufhin zur Klärung der ausstehenden Fragen seitens der BIs vorgeschlagene
Tagesordnung für das folgende Gespräch wurde zurückgewiesen, stattdessen die weitere
Erarbeitung in eine behördeninterne Arbeitsgruppe verlagert. Es folgten noch zwei lediglich
zweistündige Nachmittagstermine, die im Wesentlichen nur noch der Ergebnis-Darstellung
der Behördenrunde dienten. BIs und Verbändevertreter waren von der Erarbeitung defakto
ausgeschlossen wurden.
Eine von Herrn Wenzel gegenüber dem Umweltausschuss des Landtags angekündigte1
Veröffentlichung etwaiger Eingaben zur öffentlichen Kommentierung eines Zwischenstands
wurde nicht eingelöst, sondern die Anfrage nach abgegebenen Stellungnahmen vom
Büroleiter zurückgewiesen.
Eine ausführliche Dokumentation des Fachgesprächs findet sich hier:
http://www.gegen-gasbohren.de/wp-
content/uploads/2014/09/Chronik_FG_Fracking_2014_8.pdf
Fracking-Erfahrung in Niedersachsen
Herr Lies verkündete am 17.3., dass man genügend über Schiefergas wisse, um es in
Niedersachsen verbieten zu wollen. Auf die in der Pressekonferenz gestellte Frage, worauf
sich denn dann die Landesregierung stütze, dass sie demgegenüber das Fracken von
Tightgas schnellstmöglich wieder aufnehmen möchte, blieb er jedoch eine inhaltliche
Antwort schuldig.
Die Daten des Landesbergamts (LBEG) können es wohl nicht sein. Denn wenngleich seit
50 Jahren gefrackt wurde – davon jeder vierter Frac in (oder nahe <2km)
Wasserschutzgebieten – fehlt es bis heute an einer systematischen Aufarbeitung.
Meiners et. al. fragten 2011 für das NRW- und erste UBA-Gutachten nach Umweltdaten2,
die nicht geliefert wurden mit dem Hinweis, dass man gerade eine Datenbank erstelle.
Diese ist jedoch bis heute nicht verfügbar. Eine vom LBEG veröffentlichte Liste3 bisheriger
150 gefrackter Bohrungen nach Recherchen der BIs unvollständig, mindestens sieben
weitere Bohrungen fehlen.
Derweil musste das LBEG eingestehen, dass ohnehin bislang keine systematischen
Monitorings begleitend zu den Vorhaben erfolgten. Die Aussage, dass keine Schäden
bekannt geworden seien, ist entsprechend wenig wert. Technische Fehlschläge und
Schäden gab es hingegen nachweislich, so ist beispielsweise die Bohrung Wittorf Z1 durch
die Frac-Behandlung beschädigt4 worden und war nicht mehr befahrbar. Es folgte später
ein Umbau zur Versenkbohrung mit sehr viel geringerer Tiefe.
Demonstrationsvorhaben
Die im nordwestdeutschen Raum auftretenden Schieferschichten sind aufgrund Ihrer
flacheren Lage unzählige Male für herkömmliche Gasbohrungen durchteuft worden und in
vielen Parametern grundsätzlich bekannt, doch gelten diese Erkenntnisse als
Betriebsgeheimnisse.Zudem wurden im Rahmen von Exxons Schiefergassuche bereits
eine Reihe von Bohrungen (Schlahe, Lünne, Oppenwehe, Niedernwöhren, 2x Damme)
abgeteuft, sowie drei Fracs im Schiefergesteint durchgeführt. Entgegen allen zu etwaigen
Demo-Projekten gelobten Transparenz-Beteuerungen der Industrie zeigt sich, dass auch
hier praktisch keine Informationen zu erlangen sind.
Grundsätzlich ist es fraglich, inwiefern einzelne Vorhaben überhaupt eine Unbedenklichkeit
bescheinigen könnten. Auf eine einzelne Bohrung betrachtet ist die
Eintrittswahrscheinlichkeit gravierender Schäden in der Größenordnung von 1% zu gering,
um eine Beurteilung anhand weniger Vorhaben zu ermöglichen. Umgekehrt ist die vom
UBA prognostizierte Anzahl von fast 50.000 Bohrungen hingegen zu hoch, um als
Restrisiko vernachlässigt zu werden.
Zweites UBA-Gutachten
Basierend auf einer im Januar vorgestellten vorab-Fassung wurde eine umfangreiche
Stellungnahme durch den Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) in
Zusammenarbeit mit mehreren Bürgerinitiativen erstellt. Wenngleich bei der Vorstellung
der Endfassung eine skeptische Haltung des UBA in den Medien vermittelt wurde, zeigt
das Gutachten selbst erhebliche wissenschaftliche Defizite. Die Kritik trifft in den meisten
Punkten auch weiterhin auf die endgültige Fassung zu.
http://www.gegen-gasbohren.de/wp-
content/uploads/2014/05/BBU_Stellungnahme_zum_2UBA_Frackinggutachtenentwurf.pdf
Rissbildung
Eingeschränkte Betrachtung ausschließlich der Risszone als solches
Grundsätzlich ist zu unterscheiden in eigentliche Risslängen, Vordringweite der Fracfluide
und Reichweite der Druckspitzen. Im Allgemeinen findet heute nur Ersteres in der
Betrachtung Berücksichtigung, während tatsächlich zum Einen ein Teil der Fracfluide ins
Gebirge sickert (insbesondere bei den durchlässigeren Sandstein-Lagerstätten). Zum
Anderen die Druckübertragung durch Verdrängung wesentlich weiter reichen kann. So
konnten in der Vergangenheit Druckspitzen noch in über zwei km Entfernung festgestellt
werden.5
-5-
Unsicherheit in der Rissausbreitung
Sauter sprach während der DGMK6-Tagung 2013 davon, dass man Risslängen bislang vor
allem beobachtet und danach die Simulationsmodelle passend parametriert habe. Der
eigentliche Mechanismus sei jedoch noch nicht ausreichend verstanden, somit die
Anwendungsgrenzen der Modelle unsicher.
Die Arbeiten von Hou7 zeigen als Nebenresultat, dass verschiedene Frac-Simulatoren
Abweichungen in den Rissdimensionen bis zu 50% aufweisen8. Zudem bestätigt sich in
Forschungsbericht 680-2, dass erst nach umfangreicher Anpassung des Algorithmus
akzeptable Ergebnisse erzielt wurden.
Beispiel: Stellungnahme des Gewässerkundlichen Landesdiensts zum Vorhaben Düste Z10:
Entscheidendes Kriterium ist hier ausschließlich die Risszone, welche keine bekannten
Störungenzonen beträfe. Es wird weder die darüber hinausragende Flüssigkeitsfront, noch
eine mögliche horizontale Druckübertragung in die Nachbarbohrung Düste Z9 (welche trotz
sich kreuzender Bohrspur gar nicht erst erwähnt wird) noch ein Sicherheitsfaktor für die
Unsicherheit der Riss-Prognose berücksichtigt.
In der kanadischen Bitumen-Förderung trat in Folge von Dampf-Injektionen eine
Rissbildung bis an die Oberfläche auf. Bezeichnend ist dabei, dass das verflüssigte
Bitumen sich mit deutlichem horizontalen Versatz in durchlässigeren Schichten sich jeweils
lokale Schwachstellen in den dichtenden Schichten „suchte“, durch die es treppenförmig
bis zur Oberfläche dringen konnte.9
(Grafische Darstellung des kanadischen Ereignisses – hier nicht abgedruckt)
Altbohrungen
Erfahrung aus Kanada
In manchen Ölfeldern Kanadas wird bereits jedes dritte Bohrloch von Nachbarvorhaben
„angefrackt“,10 sodass Flüssigkeiten eindringen und die Anlagen beschädigen. Zunächst
nahm man die benachbarten Bohrungen außer Betrieb, musste jedoch feststellen, dass
dann die Rohre häufig untertage barsten. Inzwischen lässt man die Nachbarbohrungen
gezielt offen und installiert Überlauf-Tanks um die hinausdrängenden Flüssigkeiten
aufzufangen. Dieses funktioniert jedoch nur bei noch aktiven Bohrungen. Verfüllte oder
inaktive Bohrungen unterliegen dem Berst-Risiko des durch Nachbar-Fracs beaufschlagten
Steigrohrs. Ebenso trat gehäuft ein Versagen der Ringraum-Abdichtungen auf, sodass sich
Flüssigkeiten auf der Außenseite der Bohrlochauskleidung nach oben drückten. Dieses
bleibt wie auch berstende Alt-Verrohrungen häufig von der Oberfläche aus betrachtet
unbemerkt.
Datenlage
Eine Untersuchung der Universität Durham11 versuchte Daten über Altbohrungen in
Erfahrung zu bringen. Das ernüchternde Fazit konstatierte, dass in Europa kaum
diesbezügliche Daten zugänglich sind. Auch das zweite UBA-Gutachten führt aus, dass
von 10% der niedersächsischen Bohrungen keine Angaben zum Verfüllungsstatus bekannt
sind.
Eigene Recherchen mit Hilfe der niedersächsischen Bohrdatenbank weisen sogar für
5000 der 21.000 hinterlegten Bohrungen keine Angaben zum Verfüllstatus aus.
Zustand der Altbohrungen
Bei den verfüllten Bohrungen stellt sich darüber hinaus die Frage, wie dicht sie heute noch
sind. Dieser Aspekt ist jedoch mangels Zugänglichkeit nicht mehr zu kontrollieren.
Für mindestens zwei Gebiete weist das niedersächsische Bergamt den Vermerk
„vagabundierende Gase“ (Erdgasfeld Voigtei) bzw. „Gasentweichungsfläche“ (Speicher
Engelbostel) in der Darstellung der Bergbaubeeinflussungsbereiche aus.
Unrealistische Annahme von Idealfällen
Die in der Fracking-Diskussion behandelten Szenarien gehen zumeist von idealen
Rahmenbedingungen aus. Tatsächlich jedoch sind Fehlschläge beim Bohren an der
Tagesordnung, welche bei festsitzendem Meißel/Gestänge auch häufig zur Aufgabe des
Bohrlochs führen bzw. eine neue Ablenkung oberhalb der Blockade erfordern. Hierbei
bleiben die aufgegebenen Abschnitte von etlichen hundert Metern unverfüllt und
unzementiert zurück, ein ordnungsgemäßes Verfüllen scheitert an der Blockade. Diese
Umstände werden in der Diskussion weitestgehend vernachlässigt. Dabei zeigt die Praxis,
dass in Niedersachsen auch bei solcher Überbrückung von 1000m Deckgebirge großzügig
ein Fracken der abgelenkten Strecken genehmigt wurde. Siehe Bohrlochbild Völkersen Z7.
Zementierung
Der DGMK-Forschungsbericht 652 untersucht die Alterungsbeständig von
Bohrlochzementen. Unter nachgestellten Lagerstättenbedingungen zeigen die für Tiefen
bis 3000 m verwendeten Standardrezepturen erhebliche Zersetzungserscheinungen
bereits nach wenigen Wochen. Während man neue Bohrungen zwar mit Spezialzementen
erstellen kann, bleiben die Bestandsbohrungen mit ihrer fraglichen Zementierung ein
Risiko, das praktisch nicht mehr zu beseitigen ist.
Ferner zeigt ein weiterer DGMK-Forschungsbericht 698 auf, dass eine Verdrängung der
Bohrspülung durch den Zement nur unzureichend erfolgt und sich zumeist
Durchmischungen mit Spülungsresten ergeben sowie Lagen von Spülungsreste an den
Wandungen von Casing-Rohr und Gebirge verbleiben. Diese Schwächen in der
Zementierung bilden potentielle Ausbreitungspfade für aufsteigende Gase, verdrängtes
Lagerstättenwasser und/oder Fracfluide.
Wie wenig zuverlässig sich Schäden an Bohrungen tatsächlich feststellen lassen, zeigt der
Ölaustritt aus dem Kavernenspeicher bei Gronau. Eine auf den registrierten Druckabfall
veranlasste Untersuchung blieb ohne Erkenntnis, bis Wochen später das Öl auf einer
Wiese aus dem Boden quoll...
Frac-Rezepturen
Neue Erfahrungen aus Polens Schiefergassuche zeigen eine Rückkehr zu den
Chemikalien-trächtigeren crossed linked-Gelen12 statt der sogenannten Slickwater-
Rezepturen, die man bislang als vergleichsweise chemikalienarme Zukunft im Schiefergas
sah.
Im Bereich des Tightgas benötigt man aufgrund der poröseren Lagerstätte ohnehin stärker
gelierte Mischungen, um ein Versickern ins Gebirge zu vermeiden. Zudem erschweren die
hinsichtlich Druck und Temperatur deutlich extremeren Lagerstättenparameter, harmlosere
Ersatzstoffe zu finden.
Klimabilanz
Gleich mehrere Untersuchungen des staatlichen US-Atmosphärenforschungsinstituts
NOAA zeigen erhebliche Methanleckagen13 in den amerikanischen Gasfeldern. Dabei
wurden tatsächliche Luftmessungen herangezogen, welche in der Spitze auf
Methanverluste von 12% der Feldesproduktion deuten. Dieses Bild bestätigte sich
innerhalb der letzten zwei Jahren in mehreren Feldern. Die Forscher gehen davon aus,
dass die inventarbasierten Abschätzungen auf Basis von Industrie-Angaben zu
optimistisch ausfallen.
Für Deutschland sind leider keine vergleichbar erhobenen Daten verfügbar. Auch hier
basieren die verfügbaren Zahlen zu Leckageraten auf inventarbasierten Abschätzungen
des Branchenverbands.
Ingraffea14 zeigte auf, dass in den USA gerade die neueren, horizontal abgelenkten und
mehrfach gefrackten Bohrungen besonders hohe Versagensraten bei der Zementierung
aufweisen und entsprechend größere Mengen des Treibhausgases Methan emittieren.
Grundwasserbeeinträchtigungen
Die DEP als staatliche Umweltbehörde Pennsylvanias veröffentlichte jüngst eine
Sammlung von 243 Vorfällen15, in denen Grundwasser in Folge der Bohraktivitäten allein in
den letzten sechs Jahren in Pennsylvania kontaminiert wurde.
Auch die in Texas veröffentlichten Daten16 über vorgefallene „well control incidents“ zeigen
ein erhebliches Schädigungspotential auf.
Osborn et.al.17 sowie Jackson et.al.18 weisen eine deutliche Korrelation von stark erhöhten
Methankonzentrationen im Grundwasser und der Nähe zu Erdgasbohrungen nach.
Fontenot et.al.19 zeigten ein Auftreten von Ethanol, Barium und Arsen im Grundwasser in
der Nähe von Förderplätzen, was auf einen stofflichen Austausch zwischen Tiefenwasser
und nutzbarem Grundwasser deutet bzw. eine Folge verdrängte Tiefenwassers sein
kann.
Seismizität
In der britischen Schiefergas-Bohrung Preese Hall ereigneten sich während des Frackens
selbst zwei Erdstöße, die zudem das Bohrloch beschädigten20.
Auch in der Siedlung Poland, Ohio21, wurde eine Erdbebenserie von den Behörden
eindeutig auf die Frac-Behandlungen als solches zurückgeführt und Vorhaben vorerst
gestoppt.
Erst gestern, am 2.9., ereignete sich zudem wieder ein Erdstoß22 in den niedersächsischen
Gasfeldern. Die Beben zuvor in Völkersen und bei Syke gingen jeweils mit Schäden an
Gebäuden einher. Inzwischen werden von Bergamt und BGR sämtliche Beben
Mittelniedersachsens nachträglich als von der Erdgasförderung verursacht angesehen. Als
Mechanismus favorisiert man hier die Absenkung des Lagerstättendrucks in Folge der
Förderung als Ursache.
Mit freundlichen Grüßen
Für den BBU
Oliver Kalusch
Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des BBU
(Bohrlochgrafik – hier nicht dargestellt)
Fußnoten
1
Niederschrift über die 23. - öffentliche - Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz am 17. März 2014
2
http://www.wn.de/NRW/2012/09/NRW-Experten-ueberrascht-von-Antwort-aus-Hannover-Niedersachsen-hat-keine-Fracking-
Umweltdaten
3
http://www.lbeg.niedersachsen.de/download/82740/Liste_Fracking-Massnahmen.pdf
4
Sonderbetriebsplan Wittorf Z1 zur Teilverfüllung und Umstellung auf Versenkbetrieb
5
http://thetyee.ca/Opinion/2014/07/02/What-is-Missing-from-Fracking-Debate/
6
Deutsche wissenschaftliche Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und Kohle e.V. (DGMK)
7
DGMK-Forschungsbericht 680-1: Numerische Untersuchungen zur Frac-Ausbreitung in Tight Gas Reservoirs mit dem FDM-
Programm FLAC3D
8
Hou, Vortrag „Fracausbreitung“, Statusbericht des InfoDialogs, 18.6.2013
9
CNRL Primrose Flow to Surface Causation Report
10
http://www.ernstversusencana.ca/as-frack-hits-grew-in-alberta-regulator-aer-takes-action-but-years-too-late-high-
pressure-frac-hits-have-been-damaging-hydrocarbon-wells-for-decade
11
http://www.bbc.co.uk/news/science-environment-26692050
12
http://brandpetrogas.blogspot.de/2014/08/shale-fracking-in-poland3legs-have.html
13
http://cires.colorado.edu/news/press/2013/methaneleaks.html
14
http://www.pnas.org/content/111/30/10955.full.pdf
15
http://files.dep.state.pa.us/OilGas/BOGM/BOGMPortalFiles/OilGasReports/Determination_Letters/Regional_Determin
ation_Letters.pdf
16
http://www.rrc.state.tx.us/data/drilling/blowouts/index.php
17
https://nicholas.duke.edu/cgc/pnas2011.pdf
18
http://sites.nicholas.duke.edu/avnervengosh/files/2012/12/PNAS_Jacksonetal2013.pdf
19
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/es4011724
20
https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/48330/5055-preese-hall-shale-
gas-fracturing-review-and-recomm.pdf
21
http://www.vindy.com/news/2014/mar/10/breaking-news-odnr-halts-shale-drilling-lowellvill/
22
http://www.lbeg.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=564&article_id=127502&_psmand=4